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Marokko 2008

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Marokko Tour 2008


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Marokko zwischen Atlas ,Antiatlas und auf dem Toubkal

13.03.08 - 8.04.08




Die Idee für diese Tour entstand am Ende meiner Spanien/Portugal Reise als ich am Campingplatz 2 Deutsche traf die gerade aus Marokko kamen und mir begeistert von dem Land erzählten.
Nach einer kurzen Nacht in Sohren fuhr ich bei Eiseskälte zum Flughafen Hahn, wo mein Fahrrad verpackt und verladen wurde. Ich war etwas nervös, schließlich war das für mich die erste Reise, die ich nicht selbst vorbereitet hatte und bei der ich fast nichts von dem Land, in das ich flog, wusste. Mein Vater hatte die Planung übernommen. Wegen eines unverhofften Schlüsselbeinbruchs hatte er allerdings nicht an der Tour teilnehmen können. Ich war auf mich allein gestellt.



Von Marrakech entlang des schneebedeckten Hohen Atlas zum Tizin Test



Nach dem mein Rad Joléne nach dem Flug von einer kleinen Acht befreit worden war, rollten wir in Richtung schneebedeckte Atlashöhen. Zunächst nach Amizmiz – einem sehr interessanten Ort, auch wenn er ordnungsliebenden Europäern fremd vorkommen mag. Da ich in Deutschland kaum trainieren konnte, wollte ich mich langsam an die Berge gewöhnen und fit werden. So baute ich noch vor dem Ziel bei einer Schonung hinter der Stadtmauer des Lalla Takerkoust mein Nachtlager auf.

Am nächsten Tag erreichte ich die kleine Siedlung Amizmiz, die ich zum Einkaufen nutzte. Noch immer müde vom Flug und mit den ersten 50 Kilometern in den Knochen hatte ich Mühe, aus dem beschränkten Sortiment etwas zu Essen auszuwählen. Damals wusste ich noch nicht, dass Schmelzkäse, Fladenbrot und Cola für die nächsten Wochen zu meinen Hauptnahrungsmitteln zählen würden. Hier wurde auch mein Französisch, das seit der zehnten Klasse auf Eis lag, auf die Probe gestellt. Leider hatte ich dem gesprächigen Verkäufer nicht mehr als „Merci“ und „Au revoir“ zu bieten. Das sollte sich im Verlauf der Reise noch ändern.



Gut gestärkt und mit etwas Gegenwind passierte ich Amghrass und einen Bachlauf. Die Strecke war ruhig und führte mich durch eine tolle Hügellandschaft, bis sich die Straße zu einem kleinen Pass hinauf wandte. Flott ging es wieder hinunter und eine kleine Ansammlung von Pinien lud mich zur Rast ein. Diese genoss ich nicht lange allein, denn eine freundliche marokkanische Familie lud mich zum Picknick ein. Mit zurückkehrenden Französisch-Kenntnissen kam es zu einer richtigen Unterhaltung mit dem Familienvater Hassan. Zum Essen gab es eine Suppe mit Rindfleisch und viel Fett. Nachdem ich mich ohne Besteck etwas hilflos fühlte, zeigte er mir, wie man mit dem Fladenbrot Suppe essen kann und mit etwas Geschick sogar das Fleisch erwischt. Satt vom Brot und mit einer weiteren Einladung in der Tasche kurbelte ich weiter und erreichte die Hauptstraße die mich weiter in Richtung Tizi’n Test bringen sollte. Kurz hinter Quirgane kam es zum ersten Kontakt mit Kindern, die mir die Straße versperrten. Doch ich hatte in Albanien gelernt wie man solche Quälgeister behandelt und durchbrach die Menge mit viel Schwung und einem Ur-Schrei.

Ein kleiner Abstecher brachte mich zur Tin Mal Moschee, die wie eine Festung auf einer kleinen Anhöhe thront. Im Schatten machte ich es mir bequem und beobachtete die Menschen im kleinen Dorf nebenan. Erstmals genoss ich die Ruhe auf meiner Reise. Jetzt wurde es richtig entspannend, auf einmal trieb mich nichts mehr, schließlich realisierte ich, dass mir 4 Wochen Zeit zur Verfügung standen und mich niemand hetzt - außer mir selber. Vielleicht sollte ich die Kinder einfach als willkommene Abwechslung betrachten und schon würde es mich nicht mehr stören, verfolgt zu werden.

Die Passstraße selbst war nicht sehr anstrengend, führte aber immer wieder tief in die Täler hinein und erst nach mehreren Kilometern wieder heraus. Brücken gab es nicht. Vorbei an kleinen Stampflehmdörfern schlängelte sich mein Weg leicht bergauf und schon am Mittag war die Passhöhe erreicht. Da stand ich nun auf 2100 Meter Höhe, blickte über die grüne Vegetation und zugleich auf die trockene, wüstenartige Antiatlasbergwelt. Dann ging es viele Kilometer bergab. Zwischendurch rastete ich in einem kleinen Café, trank Tee und lernte den Wirt kennen. Mit jedem Höhenmeter, den ich abstieg, wurde es wärmer bis ich die Ebene des Sous erreicht hatte. Dort befand ich mich in einer Art Savannenlandschaft mit Arganienbäumen und Dornsträuchern. Erst direkt am Fluss wurde es wieder grün und ich erkannte ein intensiv bewirtschaftetes Gebiet. Da es schon spät wurde und rechts und links der Straße nur hohe Mauern zu sehen waren, suchte ich sehr lange nach einem geeignetem Schlafplatz.



Über Taroudant in den Antiatlas nach Tafraoute



Über eine Abkürzung durch das trockene Flussbett des Oued Sous erreichte ich am nächsten Tag die Kasbah Freija. Auf geraden, endlos scheinenden Straßen fuhr ich dem Antiatlas entgegen. Dort stieg die Straße zu einem kleinen Pass. Ich entschloss ich mich nach einem schnellen Einkauf in Imariden, weit ab von der Hauptstraße zu zelten. Dort bekam ich Besuch von drei verschleierten Teeny’s. Kichernd umzingelten sie mein Zelt. Zu einer Verständigung kam es leider nicht, denn als ihr Vater mich entdeckte, zog er sie schnell weg von mir.



Schon im nächsten Ort wurde ich wieder von der Straße geholt und auf einen Tee eingeladen. Ich redete ein wenig mit dem Verkäufer eines kleinen Ladens und bekam leckere Dromedar Mortadella, welche gebraten super schmeckt. Der viele Zucker, in dem - wie er hier genannt wird - Whisky Marocain, stärkte mich und ich erreichte zügig Igherm. Zum ersten Mal seit Beginn meiner Reise besuchte ich eine kleine Kneipe, um etwas Richtiges zwischen die Zähne zu bekommen. Ich bestellte Fleisch mit Gemüse und genoss beim Essen die typischen Straßenszenen, die sie sich in dem marokkanischen Dorf abspielten. Der Dorfpolizist wurde auch sofort auf mich aufmerksam und ging mit mir einen weiteren Tee trinken. Er war kaum davon zu überzeugen, dass ich allein keine Angst hatte.

Gestärkt führte mich mein Weg durch einsame Wüstengegenden, unterbrochen von kleinen Oasen, in denen teilweise Getreide angebaut wurde. Für mich eine der schönsten asphaltierten Strecken im Antiatlas. Vorbei an dem Ort Azoura, welcher in einem schönen Tal liegt, erreichte ich Tiguermine. Netten Kindern zeigten mir schnell die richtige Piste . Diese brachte mich nach acht Kilometern zu dem beeindruckenden Agadir Tasguente. Leider konnte ich es nicht besichtigen. Mein Fahrrad wäre in dieser Zeit völlig unbewacht gewesen wäre. Also musste ich mich mit dem grandiosen Anblick von außen zufrieden geben.

Zurück von der Piste ging es wieder auf die Straße bis ich abends eine Passhöhe erreichte. Von oben rollte ich hinunter nach Tafraoute in einem herrlichen Tal, welches am Rand mit Palmenhainen bedeckt war. Hier ruhte ich mich für zwei Tage im Hotel Tanger aus. Am besten tat mir die heiße Dusche, welche ich auch verdammt nötig hatte nach einer Woche Radeln. Ich genoss die Zeit und das einfache Leben im Ort, fotografierte viel, ruhte meinen Knochen und natürlich auch Joléne aus.



Eine einsame Piste an den Sahararand



Dann verließ ich das Tal in Richtung Süden, vorbei an den Painted Rocks und dem Napoleonshut. Durch eine tolle Canyonlandschaft erreichte ich das enge, von dichtem Palmenwald gesäumte Tal um Tasserirt. Wieder einmal verließ ich den Asphalt und folgte einer interessanten Piste durch kleine Orte bis nach Suq Afella d’Ighir, wo für wenige Kilometer eine neue Asphaltstraße vorhanden war, welche ich aber nichtlange fuhr. Ich wollte noch weiter weg von den Menschen, einfach mal einen Tag Einsamkeit und so nahm ich eine schöne Piste in Richtung Ait Herbil (Tamanart) durch den Kiesoued. Nun hatte ich endlich die Ruhe, die ich gewollt hatte und fuhr auf einer anstrengenden Piste mit vielen Schiebe-Passagen hinein in den Canyon. Mit dicken schwarzen Wolken im Nacken erreichte ich nach 30 Kilometern holpriger Strecke eine größere Piste und übernachtete im Tal. Am nächsten Morgen ging es dann zusammen mit netten Schuldkindern auf die „Hauptstraße“ N12 bei Tamanart. Hier hatte ich den Antiatlas verlassen und fuhr hinein in die Sahararandgebiete, immer entlang der Algerischen Grenze. Die Straßen wurden für viele Kilometer schnurgerade - rechts und links nur Sand. Ab und zu wechselte die Landschaft und kleine Dornensträucher tauchten auf. Meine einzige Möglichkeit etwas Schatten zu ergattern, da die Hitze im Stand extrem war. Ich folgte der einsamen Strecke. Gelegentlich erreichte ich kleine Siedlungen, in denen ich regelmäßig von Kindern mit Steinen beworfen wurde, aber sie trafen nie wirklich. Interessant dabei: ältere Menschen warfen Steine auf die Kinder, die mich attackierten. Trotz alledem erreichte ich am Abend das Militärstädtchen Akka. Nach der Standartbefragung der Soldaten nach dem „Woher? Und Wohin?“ kaufte ich ein und schlug mein Zelt ein paar Kilometer außerhalb der Stadt auf. Besonders beeindruckten mich die vielen Eigenheiten der Wüste. Ich hatte noch nie so riesige Fatahmorganas gesehen, in denen sich ganze Berge spiegelten und auch die wenigen Lebewesen die es gab faszinierten mich. Doch meine Suche nach Schlangen und Skorpionen blieb erfolglos, ich drehte zwar hunderte von Steinen um, doch außer ein paar Käfern war nichts zu entdecken. Ab und zu mal eine überfahrene Schlange vielleicht. Doch ich empfand die Wüste eigentlich nur bei Sonnenauf - und Untergang als richtig schön. Aber auch nachts, war es trotz der Kälte beeindruckend, den dicht bedeckten Sternenhimmel zu sehen und so lag ich oft lange im Eingang meines Zeltes im Schlafsack und bewunderte die Sternschnuppen.

Auf dem Weg nach Tata durchfuhr ich immer wieder kleine Palmenhaine, bis ich gegen Mittag die Stadt erreichte. Diese Oase Mitten im Nichts nutzte ich zum Essen. Es gab Hühnchen mit Pommes. Nach dem Super-Mahl und ein paar Einkäufen ging es wieder in die Einsamkeit. Fast schon wehmütig blickte ich zurück auf die immer kleiner werdenden Häuser. Der Blick nach vorne versprach schließlich wieder endlose Kilometer Sand und Steine bei sengender Hitze. Eine Passhöhe führte mich hinab in eine bizarre Canyonlandschaft, die der Qued Tissint hinterlassen hatte. Ich zeltete an einem schönen ruhigen Platz direkt am Rand der Schlucht und genoss den Sonnenuntergang in der Wüste. Nach einer windigen Nacht erreichte ich den Ort Tissint, wo mir ein Deutsch-Marokkanischen Ehepaar Essen geschenkt hat. Über die deutsche Schokolade freute ich mich am meisten.


Tissint hat mich total beeindruckt. Wassermassen, wie ich sie noch nicht einmal im Atlas gesehen habe, sprudelten aus dem Wüstenboden und fielen über eine Kaskade in ein großes Becken. Das Wasser war salzig, Bilharziose-frei und diente mir für eine kleine Wäsche. Nachdem die Polizei meine Personalien aufgenommen hatte, fuhr ich weiter. Der Himmel im Hintergrund färbte sich komisch braun. Ich wusste nicht warum und fuhr weiter. Doch nach einer Kurve kam der Wind plötzlich in starken Böen von vorn und drückte mir Sand ins Gesicht. Immer mehr musste ich gegen den Sandsturm kämpfen, bis ich nur noch drei Kilometer in der Stunde schaffte. Völlig fertig begann ich mein Fahrrad zu schieben, versuchte immer wieder mal einen Moment zu fahren, bis mich der Wind zurück in den Straßengraben drückte. Am Ende meiner Kräfte entschied ich mich, die letzten zwölf Kilometer per Anhalter zurück zu legen. Doch hatten mich noch vor einer Stunde acht Wohnmobile im Konvoi überholt, stand ich nun irgendwo allein in der Wüste. Nur der riesige Sturm tobte über mir. Ich kniff die Augen zusammen und blicke gen Horizont, um irgendwo ein Auto zu entdecken, doch für über eine Stunde passierte gar nichts. Dann endlich, sah ich im dichten Sand etwas flackern: heute bin ich mir sicher, dass ich mir das nur eingebildet hatte. Ich schob weiter und kämpfte mit mir, mich noch einmal umzudrehen. Mein Schulterblick war schließlich drei Stunden lang erfolglos gewesen. Umso größer war meine Freude, als ich tatsächlich einen kleinen Fiat Punto erkannte und stoppen konnte. Das spanische Ehepaar Carchi und Thierry nahmen mich die letzten Kilometer mit nach Foum Zguid, wo ich totmüde aber glücklich in mein Bett im Hotel Bany fiel. Ich merkte erst später, dass es mich diesmal in eine wirklich süffige Bude verschleppt hatte. Doch für 30 DH pro Nacht konnte ich mich nicht beschweren und genoss die heiße Dusche. Am nächsten Tag gesellte sich noch ein Deutscher, Alex, zu mir und ich konnte endlich mal wieder ein richtiges Gespräch führen.



Aus der Wüste zurück in den Hohen Atlas




Nachdem ich mich zwei Tage in dem kleinen staubigen Ort aufgehalten hatte, ging es wieder hinaus in die Wüste. Wegen des Sturmes nahm ich jedoch nicht die geplante Piste nach M’Hamid. Mein Respekt vor der Wüste war gestiegen und ich wollte mein Schicksal nicht schon wieder herausfordern. Also nahm ich eine Straße nach Norden in die Stadt Tazenahkt. Mitten im Nirgendwo kam ein kleines Mädchen auf die Straße gerannt und bettelte mich um Wasser an. Doch ich war stur und fuhr vorbei, hatte ich doch in den letzten Wochen genug Stress mit den Plagegeistern gehabt. Doch dann plagte mich das schlechte Gewissen und ich konnte das dreckige Gesicht und die zerrissenen Klamotten des Mädchens nicht vergessen. Also hielt ich 200 Meter später doch noch an, ging in den Straßengraben, suchte eine Flasche und befüllte sie mit Wasser. Ich überreichte sie ihr und sie trank in großen Schlucken. Erst jetzt erkannte ich, dass es sich diesmal wirklich um Not handelte und ich war froh, zurück gekehrt zu sein. Kurz vor der Stadt stand am Wegrand eine Gruppe Kinder, die, als ich vorbeifuhr, alle ihre Hosen hinunterließen und mir ihre Hinterteile entgegen streckten. In der Tat ist Marokko ein Land voller Gegensätze. Das hätte ich nicht erwartet und begann laut zu lachen.

Endlich war ich wieder in den Bergen. Im tiefsten Hintergrund waren die schneebedeckten Gipfel des Hohen Atas zu sehen. Ich fuhr hinunter in die fruchtbare Ebene kurz vor Quarzazate und von dort nach Ait Benhaddou. Da es schon spät am Nachmittag war und mir diese monströse Kasbah so gut gefiel, entschied ich mich, mein Zelt am Fluss unter Palmen aufzubauen - mit Blick auf die Wohnburg. Schnell gesellten sich ein paar Jungs der Dorfjugend zu mir. Wir unterhielten uns und gingen zusammen in den Bach schwimmen. Ich erzählte noch bis in die Nacht hinein mit Yassin, der mir etwas zu essen schenkte. Nach der Besichtung, machte ich mich wieder auf den Weg in Richtung Atlas. Eine 35 Kilometer lange Piste sollte mich nach Anmitter führen, doch das gestaltete sich schwieriger, als ich gedacht hatte. Die Strecke war in einem schlechten Zustand und tiefe Spurrillen machten es manchmal unmöglich zu fahren, sodass ich schieben musste. Doch die Landschaft belohnte alle Anstrengungen. An einer kleinen Passhöhe traf ich auf einen Geländewagen aus Israel und unterhielt mich eine Weile mit den Fahrern. Es kam aber nie zu dem von mir erwarteten Thema. Ich folgte der Piste entlang der kargen Berghänge. Unten im Tal konnte ich ein grünes Band aus Getreidefeldern und Obstbäumen sehen. Immer wieder unterbrochen von kleinen Orten mit relativ freundlichen Kindern. Am Abend erreichte ich Anmitter und entschied mich für eine Übernachtung im Berberzelt. Es gesellten sich noch ein belgisches Kifferehepaar zu mir und wir verbrachten einen echt lustigen Abend miteinander. Ich musste lachen als jeder von uns am nächsten Tag in eine andere Richtung aufbrach und die Kinder ausschließlich mir folgten. Warum, weiß ich bis heute nicht. Doch auch sie wurde ich los. Viel cleverer machten das deren Kollegen im nächsten Ort. Sie hatten ein Band aus ihren Pullovern gemacht und spannten dieses über die Straße. Es musste irgendwann so kommen. Ich raste wie immer auf die Menge zu in der Hoffnung sie würde früh genug die Piste räumen. Doch diesmal war es nicht so. Todesmutig blieben sie auf der Straße stehen und ich konnte nicht mehr bremsen. Also raste ich mit voller Geschwindigkeit in die Pullover hinein. Zum Glück zerrissen diese und ich konnte das Rad nach kurzem Schlingern wieder abfangen. Mit lautem Geweine und Gebrüll im Hintergrund fuhr ich weiter. Ich muss wohl beim Durchrauschen einige von den Bälgern erwischt haben und hoffe diese Aktion war eine Lehre für sie. Daran glaube ich aber eigentlich nicht!



Vom Tizin Tichka hinaus aus dem Hohen Atlas und wieder zurück nach Aroumd/ Toubkalbesteigung



Nach dem die kleine Straße in die zur Passhöhe mündete, war es nicht mehr weit zum 2260 Meter hohen Tizi’n Tichka. Von oben rauschte ich bergab bis in die Ebene vor Marrakech. Ein Auto fuhr neben mir und eine mir bekannte Stimme rief meinen Namen. Es waren die beiden Spanier, die mich aus dem Sandsturm gerettet hatten. Diesmal war ich an der Reihe und lud beide zum Tee im nächsten Ort ein.

Für mich stand noch eine Einladung aus, die ich nicht platzen lassen wollte, also fuhr ich in den kleinen Ort Ourika, wo ich Hassan und seine Familie wieder traf. Sie boten mir an, die Nacht bei ihnen zu bleiben, was ich nicht ausschlagen konnte. Also sagte ich all den bekannten Gesichtern „Hallo“ und fuhr mit Hassan durch die Umgebung. Nach dem Besuch in der Moschee holten mich beide zum islamischen rituellen Waschen in den Hammam. Ich wusste wieder einmal nicht genau, auf was ich mich eingelassen hatte, aber das war auch gut so. Sonst wäre ich wahrscheinlich davon gelaufen. Also gingen wir hinein, ich in Klamotten von Hassan. Wenige Minuten später befand ich mich auf dem Fußboden, die Arme hochgerissen und wurde mit einer sandpapierartigen Bürste förmlich abgeschabt. Jede einzelne Hautzelle schmerzte und die Hitze war unerträglich. Doch es war ein Ende abzusehen. Sauberer denn je und bestimmt ein Kilo leichter versuchte ich mich langsam aus dem Staub zu machen. Ich erklärte, dass es mir zu heiß sei. Doch kaum hatte ich die rettende Tür erreicht, pfiff man mich zurück mit dem Verweis darauf, dass sich Muslime zweimal waschen müssen. Eine Antwort auf meine religiöse Weltauffassung wäre überflüssig gewesen und es führte nichts an dieser schmerzvollen zweiten Waschung vorbei. Gereinigt und zum Leiden aller Beteiligten, die große Anstrengungen machten, nicht zum Islam konvertiert, kochten die Frauen Abendbrot für uns. Danach ging es ins Bett, natürlich Mann und Frau getrennt. Ich verabschiedete mich am nächsten Tag und fuhr über Tahanaoute und Asni hinauf in das kleine Bergdorf Imlill. Eigentlich wollte ich dort die letzten Tage meiner Reise verbringen, entspannen und den 4000er Toubkal besteigen. Doch in dem Ort war es einfach zu laut und zu stressig und so fuhr ich eine fünf Kilometer lange Piste in den nächsten Ort Aroumd, wo ich mich in der Auberge Atlas Toubkal bei Omar le Rouge einmietete. Dort war mein Rad sicher und ich konnte in aller Ruhe die Besteigung vorbereiten. Nach langen Verhandlungen und vielen Runden Tee konnte ich auch Steigeisen besorgen und machte mich auf zur Refugie auf 3207 Meter, um mein Zelt aufzuschlagen. Den Abend verbrachte ich in lustiger Internationaler Runde in der Hütte und entschloss mich den Aufstieg zum Gipfel mit zwei Belgiern zu meistern. Nach einer kurzen eiskalten Nacht ging es über eine geschlossene vereiste Schneedecke mit Steigeisen steil bergauf. Schon bald wurden mir die Belgier zu langsam und ich ging mit zwei Tschechen weiter. Zunächst erreichten wir die Toubkalscharte und von dem den Gipfel auf 4167 Meter. Die Luft war schon ziemlich dünn, jeder Schritt fiel schwer, doch war die Aussicht von oben grandios. Eine Stunde saß ich dort.

Zurück in meinem Zimmer erholte ich mich von dem Berg und genoss die letzten Tage in dem schönen Terassendorf. Schnell wurde ich bei den Leuten bekannt. Ich war scheinbar auch der einzige Tourist zu dieser Jahreszeit, der so lange blieb. Also lernte ich eine Menge Leute kennen, wurde oft zum Tee eingeladen und am letzten Abend, bevor ich wieder nach Marrakech aufbrach dann auch zum Essen. Ich saß zusammen mit der gesamten Familie, sogar mit den Frauen, am Tisch und aß Taijine. Nach dem Essen und einem Kaffee, begann plötzlich der Vater seine Töchter mit mir zu verheiraten. Für zwei Kühe und das Hochzeitsessen hätte ich seine hübsche Tochter, welche mir gegenüber saß, heiraten können. Meine ablehnende Begründung, dass ich vorher zum Islam konvertieren musste, sahen sie als nicht so schwierig. Ich konnte zum Glück ablenken und verschwand in der Dunkelheit. Am nächsten Morgen machte ich mich ein wenig wehmütig auf nach Marrakech, hinaus aus dem Atlas Gebirge. Auf den letzten Kilometern meiner Reise genoss ich jede Minute und ließ mir die letzten 4 Wochen noch einmal durch den Kopf gehen.



Kurze Stadtbesichtung in Marrakech und Rückflug




Da ich noch genügend Zeit hatte, entschloss ich mich noch ein wenig die Stadt anzusehen und fuhr einige Highlights ab, trank einen frisch gepressten Orangensaft am Platz der Geköpften und machte mich dann auf die sechs Kilometer zum Flughafen, wo ich mein Nachtlager aufschlug. Zwei Stunden später wurde ich von der Polizei aus dem Flughafengebäude geworfen und vom gesamten Gelände verbannt, so dass mir nichts anderes übrig blieb, als ein Hostel in der Stadt zu nehmen und erst am nächsten Morgen wieder zum Flughafen zu fahren. Den Platz der Geköpften bei Nacht zu sehen, war phänomenal. Waren am Tag nur ein paar Touristen und Schlangenbeschwörer am Platz gewesen, hatte sich dieser nun beim Sonnenuntergang zu einem unbeschreiblichen Getümmel von Menschen und kleinen Stehrestaurants gemausert. Ein toller Abschluss einer schönen Reise durch ein grandioses Land.

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